Kurzvita: Geb. in Frankfurt/Main. Klavier-Studium bei Prof. Rolf Koenen & Prof. Wilhelm v. Grunelius, Musiktherapiediplom bei Prof. Karin Schumacher, Studium in Musiktheorie bei Prof. Hartmut Fladt (Universität der Künste, Berlin). Promotion bei Prof. Rosemarie Tüpker (Universität Münster), Gastdozentin Forschung Musiktherapie (Codarts Hoogeschool vor de Kunsten, Rotterdam), Gastprofessur Musiktheorie (Universität der Künste, Berlin). Kabarett und Chansons mit ‚Lilo’, Partnerin am Klavier und auf der Bühne. Zusammenarbeit mit Sandra Kreisler. Solo-Konzerte als Liedermacherin 2017-2024.

Musikalischer Aktionsrahmen:                Expliziter Chanson (deutschsprachig), freie Improvisation.

Artist statement:             Musik fasziniert, bewegt und verändert mich, öffnet mich mental und emotional, seitdem ich denken kann. Ich denke und fühle in Musik auf eine Art wie es in guten Gesprächen, außergewöhnlichen Texten, besonderen, berührenden Begegnungen passiert. Es sind Momente und Ereignisse des spürbar interessierten Zeitnehmens für Paradoxes und Widersprüchliches, des Zulassens, Aushaltens, und – in der Absicht zu transformieren – des Zuhörens, des Fragens und des Spekulierens. Musik wirkt sowohl ästhetisch und psychologisch, das wird erkennbar in Theorie, Therapie und Interpretation. Diese Wirkungen untersuche ich.

Nach meinem klassischen Klavierstudium studierte ich Musiktherapie und Musiktheorie an der Universität der Künste, Berlin. Anschließend habe ich eine Promotion zu individueller musikalischer Stilbildung und Klangsprache verfasst. Zur Zeit arbeite ich hauptsächlich sowohl als Dozentin für Musiktheorie als auch klinisch, forschend und lehrend im Fach Musiktherapie. Zusätzlich komponiere ich für Stimme und Klavier und gebe gelegentlich Konzerte.

Besonders in meiner eigenen Musik behandle ich Musik in erster Linie als eine Art Zeitmaschine, die mir ermöglicht, das Jetzt in Besitz zu nehmen und mich dadurch frei in Raum und Zeit zu bewegen. Ich kann mir den einzelnen Moment und also das Verstreichen der Zeit vergegenwärtigen und andererseits eintreten in einen Prozeß des Erinnerns, der mein Empfinden von Zeit, ähnlich wie die Vergegenwärtigung eines einzelnen Tons und seiner Beziehung zum Gesamtkontext, ausdehnt und aufhebt, vor allem aber vorgebliche zeitliche Diskontinuitäten überbrückt.

Momentan wechsle ich anhand von bereits existierenden Kompositionen (die ich zitiert abbilde) und eigenen aktuellen ‚Inventionen‘ bewusst zwischen Vergangenheits- und Gegenwartsmomenten und versuche dadurch, ein Spürbarmachen der kontinuierlichen Verbindung zwischen verschiedenen Traditionslinien zu verdeutlichen. Dabei geht es mir vor allem darum, das Emotionale darin zu reflektieren, um mich einer Konstruktion von Wirklichkeit zu versichern, die sich auf der Bewusstmachung von Selbst- und kollektiver Geschichtlichkeit gründet. Das ist natürlich nichts weiter als eine Strategie, die mir erlaubt, damit zurecht zu kommen, dass mein Erfahrungswissen immer mit dem Jetzt endet, dass ich nicht in die Zukunft sehen kann, der ich persönlich aufgrund familialer Prägungen im übrigen eher ängstlich, nicht aber pessimistisch entgegenblicke, und dass ich letztlich nur mit Hilfe des Emotionalen retrospektiv darüber entscheiden kann, was in meiner persönlichen Konstruktion von Wirklichkeit Bedeutung hat und was nicht.

Ich versuche also, mir innere Strukturen der Wahrnehmung und des Empfindens zu erschließen, indem ich im Un-/Vorbewussten ansetze und musikalische Einfälle produziere, die erst in einem ‚danach‘ erkennen lassen, was sich hinter ihnen verbirgt. Dem Motiv des Erlebens komme ich anhand musikalisch kompositorischen Strukturierens auf die Spur. Zunächst geht es mir in der ästhetischen Produktion um das musikalische Abbilden narrativer Momente und Einheiten. Dadurch schaffe ich haltgebende Orientierungspunkte, in denen ich das Musikalische kaum vom Psychologischen trennen kann.

In einem zweiten Schritt ziehe ich mit Hilfe musikalischer Zitate und diverser ästhetischer Vokabularien den übergeordneten Kontext des Gesellschaftlichen hinzu, als Kommentator oder als Zeuge. Damit will ich mit der sozial verankerten ko-konstruktiven Eigenschaft von Musik in einen Verständigungsprozess eintreten. Die Übergeordnetheit von Geschichtlichem erlaubt es mir, mich transtemporal auszudrücken und zu bewegen – auch innerhalb eines Dur-Moll-tonalen Rahmens oder anhand klassischer Formen. Für mich bedeutet das eine unglaubliche Erweiterung, mit der ich nicht gerechnet hatte.

Dabei stehe ich am Anfang, die Möglichkeiten der klanglichen Umsetzung dieses Ansatzes erscheinen mir ungeheuer vielfältig. Derzeit benutze ich klassische Liedformen und Sprache in Reimschemata zur Darstellung diverser innerer Reaktionen auf bestimmte gesellschaftspolitische Thematiken, die mich momentan beschäftigen. Mit Hilfe dieses Formats möchte ich im Sinne einer kritischen Reflexion etwas beitragen zur Aufklärung der Konstruktion und Dekonstruktion von Wirklichkeit(en).